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Eine junge Frau legt einer anderen Frau die Hände auf die Schultern | © Halfpoint - stock.adobe.com

Magersucht (Anorexia nervosa)

Magersucht (Anorexia nervosa)

Menschen mit Magersucht

  • haben starkes Untergewicht 
  • weigern sich, ein Normalgewicht zu erreichen oder zu halten und regulieren deshalb ihr Gewicht über Hungern  
  • haben eine verzerrte Körper- und Gewichtswahrnehmung und empfinden sich als zu dick, obwohl sie unterernährt sind  
  • haben panische Angst davor, zuzunehmen oder dick zu werden.  

Ein wichtiger Maßstab ist der Body Mass Index (BMI): liegt er bei Erwachsenen dauerhaft unter 17,5, so liegt eine Magersucht vor. Bei Kindern und Jugendlichen sind BMI-Werte nicht aussagekräftig; für die Diagnose Magersucht muss eine Zuordnung von Körpergewicht zu Körpergröße anhand von Wachstums- und Gewichtskurven erfolgen. Am besten können das der Kinder- und Jugendarzt oder eine Fachstelle für Beratung und Behandlung von Essstörungen vornehmen.

Magersucht tritt bei 0,5 bis 1,0 Prozent der Menschen in der Altersgruppe zwischen 12 und 25 Jahren auf. Die meisten Erkrankten sind weiblichen Geschlechts. Schätzungen zufolge liegt das Geschlechterverhältnis derzeit bei 10:1 (w:m). Häufig liegt der Beginn der Erkrankung im Alter von 13 bis 15 Jahren. Ein Abgleiten in die Magersucht erfolgt oft im Anschluss an eine Diät. Zu der Euphorie, die die Betroffenen verspüren, weil sie ihren Hunger und ihren Körper kontrollieren können, kommt meist ein großes Maß an Beachtung hinzu: anfangs als Lob und Anerkennung für das erfolgreiche Abnehmen und später als Sorge über den nicht mehr zu stoppenden Gewichtsverlust. Trotz ihres schlechten Ernährungszustandes bleiben Magersüchtige lange Zeit leistungsfähig und viele entwickeln einen extremen Bewegungsdrang. Sie zählen oft zu den Ehrgeizigsten und Klassenbesten oder zu den in ihrer Arbeit nach Perfektion strebenden Frauen mit guter Ausbildung.

  • die Sterberate ist hoch: in der Akutphase sterben 5% der Erkrankten, innerhalb von 20 Jahren ein Fünftel 
  • 30% entwickeln eine chronische Essstörung oft mit fließenden Übergängen zu anderen Störungsformen, insbesondere zur Bulimie; ca. 60% der restriktiv Magersüchtigen bekommen Heißhungeranfälle 
  • als Folgeerkrankungen können u.a. lebensbedrohliche Ödeme in Knochen, im Bauchraum oder im Herzbeutel auftreten und hormonelle Störungen 
  • vor allem bei langen Krankheitsverläufen ist die Gefahr einer Osteoporose bereits in jungen Jahren groß

 

Betroffene berichten


"Meine Essstörung begann mit 15 Jahren. Ich hatte damals meinen ersten Freund und die ersten - schlechten - sexuellen Erfahrungen gemacht. Ich konnte dies damals überhaupt noch nicht einordnen und nahm deshalb stark ab: von 48 auf 34 kg. Dann aß ich recht schnell wieder und nahm fast bis zu meinem vorherigen Gewicht zu. Dennoch blieben von da an meine Essprobleme bestehen. Mit 23 hatte ich wieder gravierende Probleme mit meinem damaligen Freund und seiner Familie und wieder nahm ich bis auf 34 kg ab. Von meinem 25. bis zu meinem 30. Lebensjahr griff meine Essstörung am schlimmsten auf mich zu. Wieder hatte ich Probleme mit einem Freund, wieder war vor allem die Sexualität eine bittere Erfahrung für mich und es war, als wäre ich 15. Ich nahm ab bis auf 28,5 Kilo.

Dass ich eine Essstörung habe, wusste ich bereits seit meinen ersten Hungererfahrungen, aber ich hatte sie nicht verinnerlicht. Das kam erst mit den Jahren. Dann aber habe ich begriffen, dass ich eine sehr ausgeprägte Essstörung habe. Sie war jahrelang wie eine Freundin für mich. Sie gab mir oft Kraft. Die Essstörung war immer für mich da, gerade wenn ich mich alleine fühlte. Ich hatte auch viel Angst, diese Freundin aufzugeben, denn ich hatte mit ihr eben auch viele schöne Momente. Jedoch hatte ich oftmals Phasen, in denen meine Gedanken den ganzen Tag ums Essen kreisten. "Wie kann ich es schaffen, nichts zu essen, warum kann ich nicht normal essen, nehme ich von ein wenig Essen zu?", solche Fragen stellte ich mir täglich. Ich war oft euphorisch, weil ich es schaffte, zu hungern. Dann aber auch wieder traurig und deprimiert, weil ich vor meiner Krankheit sehr gerne gegessen hatte. Oftmals habe ich nachts vom Essen geträumt, hatte Gelüste und Wünsche. Trotzdem habe ich es in meinen härtesten Phasen geschafft, nicht schwach zu werden. Und ich habe alle anderen beneidet, die ganz normal essen konnten. Ich habe in den ganzen Jahren meiner Magersucht einige Therapeuten, Beratungsstellen und Therapieeinrichtungen aufgesucht. Vieles hat da nicht gepasst, aber ich war mir immer im Klaren, dass ich genug Kraft habe, diese Krankheit zu besiegen!"